Weißer Ring: Jeder kann Opfer von Telefonbetrug werden
Veröffentlicht: Samstag, 19.04.2025 05:49

Kriminalität
Mainz (dpa) - Die Polizei warnt seit Langem - und doch fallen immer wieder Menschen auf Betrüger am Telefon herein. «Betrügerische Anrufe wie Schockanrufe oder der sogenannte Enkeltrick sind deshalb so wirksam, weil sie gezielt auf emotionale Ausnahmesituationen setzen», sagte Céline Sturm von der Opferschutzorganisation Weißer Ring der Deutschen Presse-Agentur. «In solchen Momenten wird das rationale Denken stark beeinträchtigt, viele handeln reflexhaft aus Angst, Sorge oder Hilfsbereitschaft.»
Wie verbreitet ist das Problem?
Der aktuellen Kriminalitätsstatik zufolge bleiben Betrugsmaschen wie der sogenannte Enkeltrick oder Schockanrufe ein Problem. Demnach wurden der Polizei im vergangenen Jahr 6.656 derartige Fälle gemeldet. Davon seien 1.527 aufgeklärt worden. Fast 1.100 Tatverdächtige ermittelten die Behörden.
Bei diesen Anrufen geben sich Kriminelle zum Beispiel als Angehörige aus und behaupten, dass ein Familienmitglied - etwa ein Enkel - einen Autounfall verursacht oder eine Straftat begangen habe. Nur die sofortige Zahlung einer hohen Kaution könne eine Inhaftierung verhindern. Oft wird danach laut Polizei an einen weiteren Täter übergeben, der sich als Polizist oder Staatsanwalt ausgibt.
«Die Betrüger nutzen diesen Schockmoment aus und setzen ihre Opfer auch unter zeitlichen Druck, um sie zu unüberlegten Handlungen zu drängen», warnt das Bundeskriminalamt auf seiner Internetseite. Es werden demnach Beträge von bis zu 100.000 Euro gefordert.
Bei diesen Fällen verloren Senioren viel Geld
Immer wieder fallen Menschen darauf rein. Im Februar teilte die Polizei mit, ein Betrüger habe eine Seniorin in Potsdam um Geld und Wertgegenstände in Höhe von 220.000 Euro gebracht. Die Täter gaukelten der Frau demnach am Telefon vor, ihr Sohn habe einen tödlichen Unfall verursacht und benötige eine Kaution.
In Halle (Saale) erbeuteten Kriminelle nach Polizei-Angaben vom März rund 230.000 Euro von einem 88-Jährigen. Um 11.000 Euro ärmer wurde eine 85-Jährige im sächsischen Wülknitz bei Dresden. Sie übergab das Geld nach einem Schockanruf einem vermeintlichen Gerichtsboten. Eine Bankangestellte im bayerischen Rosenheim verhinderte unlängst, dass eine Kundin eine fünfstellige Summe an Telefon-Betrüger übergab. Die Frau wollte das Geld abheben.
Was Experten empfehlen
Der Weiße Ring gibt zu bedenken: «Wichtig ist dabei zu verstehen: Mit der richtigen Geschichte im richtigen Moment kann im Grunde jede und jeder Opfer einer solchen Betrugsmasche werden», sagte Sturm. Viele Betroffene machten sich im Nachgang selbst Vorwürfe. «Nicht selten hinterlassen solche Erlebnisse psychische Spuren, bis hin zu Angststörungen oder depressiven Verstimmungen.»
Die Opferschutzorganisation geht von einer hohen Dunkelziffer aus. «Viele Vorfälle werden aus Scham, Unsicherheit oder Angst nicht gemeldet.» Die für Kriminalprävention zuständige Expertin empfahl, solche Taten bei der Polizei anzuzeigen. «Eine Anzeige kann helfen, weitere Taten zu verhindern», so Sturm.
Zentral sei, kontinuierlich und zielgruppengerecht aufzuklären. Diese Informationen müssten verständlich und niedrigschwellig vermittelt werden, zum Beispiel mit Flyern oder Medienkampagnen, sagte Sturm. «Besonders hilfreich ist es, gemeinsam Notfallstrategien zu entwickeln, zum Beispiel ein Codewort innerhalb der Familie, um die Echtheit eines Anrufs zu überprüfen.»