Nominiert für zehn Oscars: «Der Brutalist»

Adrien Brody
© Jordan Strauss/Invision/AP/dpa

Neu im Kino

Berlin (dpa) - Für diesen Film hat Regisseur Brady Corbet sieben Jahre gebraucht. Er hat ohne großes Budget einen dreieinhalbstündigen Film gedreht, der in der Mitte eine Pause hat und in einem alten analogen Format gefilmt wurde, das kaum noch benutzt wird. Viele hätten ihm davon abgeraten und dem Film «Der Brutalist» keine Chancen eingeräumt, erzählte Corbet in verschiedenen Interviews. Doch es kam anders.

Bislang kommt das Historiendrama mit dem Originaltitel «The Brutalist» mit Hollywood-Star Adrien Brody in der Hauptrolle beim Publikum hervorragend an. Drei Golden Globes gewann der Film, außerdem gilt er mit zehn Nominierungen als einer der Oscar-Favoriten. 

Ein jüdischer Architekt sucht sein Glück in den USA

«Der Brutalist» erzählt von einem jüdischen Architekten namens László Tóth (Brody), der den Holocaust überlebt hat und nach dem Zweiten Weltkrieg in den USA ein neues Leben beginnen will. In kurzer Zeit fällt er dadurch zwei ganz unterschiedlichen politischen Systemen zum Opfer: Vom Faschismus traumatisiert, wird er in den USA mit den grässlichen Seiten des Kapitalismus konfrontiert.

Tóth lernt den wohlhabenden Industriellen Harrison Lee Van Buren (Guy Pearce) und dessen Familie kennen. Van Buren will sein Talent fördern und beauftragt ihn mit einem Mammutprojekt. Dieses möchte Tóth im Sinne der brutalistischen Architektur mit klaren Linien und kantigen Formen verwirklichen.

Zweiter Oscar für Adrien Brody?

Doch sein Perfektionismus überfordert László und seine Umwelt - und auch in den USA wird er von seiner traumatischen Vergangenheit heimgesucht. Ähnlich geht es seiner Partnerin Erzsébet (Felicity Jones), die ihm in die USA nachreist. Langsam erkennt László obendrein, dass sein Gönner dunkle Seiten hat. 

Die Figur des ambitionierten Architekten László Tóth ist übrigens erfunden. Brody macht die vielen Facetten dieser Hauptfigur zwischen Trauma, Genie und Obsession auf eindrückliche Weise erlebbar. Dafür wurde er - nach seiner Auszeichnung für die nicht ganz unähnliche Rolle in «Der Pianist» - zum zweiten Mal für einen Oscar nominiert.

Weitere Nominierungen gab es in den Topkategorien bester Film und beste Regie sowie in den Sparten beste Nebendarsteller, bester Schnitt, beste Kamera, bestes Szenenbild, bestes Originaldrehbuch und beste Filmmusik.

Bezüge zu Trump und Kapitalismus

Manche mögen bei der Darstellung der skrupellosen, kapitalistischen Familie Van Buren an die Trumps denken. Er habe «The Brutalist» während Trumps erster Amtszeit geschrieben, erzählte Corbet im Interview des Magazins «Variety». Beim Schreiben habe er im Kopf gehabt, dass es das Ziel konservativer Politik sei, die Zeit in die 1950er Jahre zurückzudrehen. «Und das fand ich interessant, denn: Die 1950er waren sehr, sehr schwierige Jahre!»

Joe Alwyn, der den Sohn Van Burens spielt, sagte, der US-Präsident sei eine Inspiration für seine Rolle gewesen. Im Interview des Magazins «Hollywood Reporter» sprach er in Bezug auf die Trumps und andere reiche Familien von einer Mentalität, die davon ausgehe, «dass man mit genügend Geld und einem Anwaltsteam über jeden verfügen kann, den man will».

33 Drehtage, kleines Budget

Alwyn betonte im Interview auch, dass Corbet mit einem geringen Budget Erstaunliches erreicht habe. Die Dreharbeiten hätten nur 33 Tage gedauert und das Budget etwa sieben bis acht Millionen Dollar betragen. «So viel kosten heutzutage manche einzelne Serienfolgen!» 

Anders als Serien sollte man diesen Film aber nicht auf dem Laptop, sondern im Kino ansehen, damit die Bilder wirken. Der analoge Film wurde in einem Breitbildformat namens VistaVision gedreht, das vor Jahrzehnten in Filmen wie Alfred Hitchcocks «Vertigo» verwendet wurde, dann aber vom Markt verschwand. 

Ein Film, für dessen Transport 26 Kisten nötig sind

Dementsprechend erinnern die Bilder von «Der Brutalist» auch an das Kino der 1950er Jahre. Eher unzeitgemäß war auch der Transport des Werks zum Filmfest Venedig, wo «The Brutalist» Premiere feierte und den Preis für die beste Regie gewann. Die Kamerarollen seien in 26 Kisten gekommen, schrieb der «Guardian», und hätten fast 150 Kilogramm gewogen.

«Der Brutalist» wirkt auch erzählerisch wie aus einer anderen Epoche, die Geschichte lässt sich viel Zeit. Vielleicht ist das neben den beeindruckenden Schauspielern, dem tollen Handwerk und den aktuellen politischen Bezügen ein weiterer Grund, warum «Der Brutalist» so gut ankommt. Es ist ein Kino-Erlebnis, auf das man sich einlassen muss - und dann ganz darin versinken kann.

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Brody bei Filmfestspielen Venedig
Adrien Brody und seine Partnerin Georgina Chapman bei der Premiere des Films in Venedig.© Manuele Mangiarotti/IPA via ZUMA Press/dpa
Adrien Brody und seine Partnerin Georgina Chapman bei der Premiere des Films in Venedig.
© Manuele Mangiarotti/IPA via ZUMA Press/dpa
Brady Corbet
Brady Corbet posiert bei den Globes mit dem Preis für die beste Regie. © Chris Pizzello/Invision/AP/dpa
Brady Corbet posiert bei den Globes mit dem Preis für die beste Regie.
© Chris Pizzello/Invision/AP/dpa
Brady Corbet und Adrien Brody
Brady Corbet und Adrien Brody posieren bei den Globes mit ihren Preisen. © Chris Pizzello/Invision/AP/dpa
Brady Corbet und Adrien Brody posieren bei den Globes mit ihren Preisen.
© Chris Pizzello/Invision/AP/dpa

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